Bettina T. Resl,
Country Head Public Affairs, Patient Advocacy & Communication

Covid-19 hat dem Wissenschaftsjournalismus zu einer beispiellosen Prominenz verholfen. Die Bedeutung, die den Medien im Wissenschafts- und Forschungsbereich zukommt, wird noch zunehmen – allerdings unter keinen einfachen Voraussetzungen.

KONKURRENZ DURCH NEUE FORMATE

Wie eine Studie des Instituts für Medien und Kommunikationsmanagement der Universität St. Gallen zeigt, steht der Wissenschaftsjournalismus unter Druck: Die strukturelle Krise, in der die Medien stecken, macht auch vor dem Wissenschaftsjournalismus nicht halt. Gleichzeitig entstehen neue, medienunabhängige Formate der Wissenschaftskommunikation: Online-Portale oder Science-Influencerinnen und -Influencer treten mit dem Journalismus in Konkurrenz. Auch zeichnet sich ein Trend ab, Forschungsergebnisse auf direktem Weg durch wissenschaftliche Einrichtungen selbst an die Öffentlichkeit heranzutragen.

PANDEMIE ERSCHWERT BERICHTERSTATTUNG

Zusätzlich hat die Pandemie die Berichterstattung erschwert: Die hohe Dynamik der Wissensentwicklung, die enorme Informationsflut kombiniert mit Fake News, selbsternannte Expertinnen und Experten sowie widersprüchliche wissenschaftliche Erkenntnisse erfordern besondere Kompetenzen und Sorgfalt in der Vermittlung wissenschaftlicher Themen. Ohne die Bedeutung der neuen Kanäle für Wissenschaftskommunikation schmälern zu wollen, entbehren sie doch journalistischer Qualitätsstandards, die unabhängige Medien erfüllen sollten, wie etwa Objektivität, tiefergehende, kontroverse Betrachtungsweisen oder die Weiterverfolgung von Themen.

MEHR DIVERSITÄT IN DEN REDAKTIONEN

Immer mehr wird hier auch die Diversität als Schlüsselfaktor gesehen. So wie in anderen Bereichen geht Diversität in den Redaktionen mit einer Vielfalt an Kompetenzen, Perspektiven und Meinungen einher – Aspekte, mit denen Medien punkten können, wenn sie möglichst viele Leserinnen und Leser ansprechen und erreichen möchten. In dem Zusammenhang wird auch die Forderung nach Quotenregelungen in der Medienlandschaft immer lauter. Bei Sanofi Österreich trägt das ausgewogene Geschlechterverhältnis in der Managementebene entscheidend zum Unternehmenserfolg bei. Es eröffnet eine breite Sichtweise und einen flexiblen Handlungsspielraum.

TRANSPARENZ SCHAFFEN, VERTRAUEN AUFBAUEN

Für die Pharmaindustrie spielen Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten eine bedeutende Rolle. Auf der einen Seite bewegt sich die Pharmaindustrie in einem komplexen, sich rasch verändernden Umfeld. Sie muss ständig up to date sein und mit neuen Entwicklungen Schritt halten. Dafür ist es essenziell, qualitätsvolle, fundierte und verlässliche Informationen zur Verfügung zu haben. Auf der anderen Seite hat die Pharmaindustrie ein großes Interesse daran, die Erforschung und Entwicklung von Medikamenten transparent an die Öffentlichkeit zu kommunizieren und dadurch in einen vertrauensvollen Dialog mit der Bevölkerung zu treten.

WISSENSCHAFT VERSTÄNDLICH MACHEN

Aber auch in anderen Sparten ist qualitätsvoller Wissenschaftsjournalismus unentbehrlich: Ob Gesundheit, Klima- und Umweltpolitik oder die Digitalisierung – wissenschaftliche Erkenntnisse prägen nicht nur immer mehr Lebensbereiche, auch bei politischen Entscheidungen werden sie zunehmend als Entscheidungsgrundlage herangezogen. Parallel dazu wächst in der Bevölkerung die Bereitschaft, sich auf wissenschaftliche, komplexe Inhalte einzulassen. Diese Entwicklungen eröffnen eine bislang nicht dagewesene Chance, wissenschaftliche Erkenntnisse in einem breiten Diskurs mit der Gesellschaft voranzutreiben. Dabei leisten Wissenschaftsjournalistinnen und -journalisten einen wichtigen Beitrag als Vermittlerinnen und Vermittler. Sie schaffen die Basis für Partizipation, indem sie relevante Themen aufgreifen und Bürgerinnen und Bürger mit notwendigen, fundierten Informationen versorgen und auf dem Laufenden halten. Dies führt in weiterer Folge zu einer Stärkung und Stabilisierung demokratischer Verhältnisse.

HOHE ANFORDERUNGEN AN JOURNALISTINNEN UND JOURNALISTEN

Allerdings stellt die Berichterstattung über Wissenschaft und Forschung besondere Anforderungen an Journalistinnen und Journalisten: Die Themen sind in der Regel komplex und durch den Gebrauch von Fachjargons für Laien oft nur mit Mühe verständlich. Journalistinnen und Journalisten kommt deshalb die wichtige Aufgabe einer Übersetzerin beziehungsweise eines Übersetzers zu: Sie müssen die Fachinhalte für die Allgemeinbevölkerung verständlich aufbereiten und niederschwellig kommunizieren.

FREIER ZUGANG ZU FORSCHUNGSERGEBNISSEN

Dabei bildet eine starke und vertrauliche Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft und Forschung auf der einen und den Medien auf der anderen Seite die Basis für eine fundierte Berichterstattung. Wissenschafterinnen und Wissenschafter sollten bereit sein, Journalistinnen und Journalisten einen freien Zugang zu ihren Erkenntnissen zu gewähren und ihr Wissen mit ihnen zu teilen. Das ist jedoch nicht nur uneigennützig. Denn von einer professionellen medialen Aufbereitung wissenschaftlicher Themen profitiert auch die Wissenschaft selbst, da eine transparente Kommunikation das Vertrauen der Bevölkerung in Wissenschaft und Forschung stärkt. Bei vielen Themen können Medien wertvolle Aufklärungsarbeit leisten und dadurch populistischen Theorien Einhalt gebieten.

April 2021

Startbild: Vladimir Borovic/ Getty Images
Portrait: Katharina Schiffl