© Günter Freund
Wolfgang Kaps,
Managing Director Sanofi Österreich

Lockdown, schrittweise Öffnung, Impfung, Virusmutationen – Covid-19 hält uns seit mehr als einem Jahr auf Trab. Erfolge und Rückschläge im Kampf gegen das Virus überschlagen sich. Die Frage, die omnipräsent im Raum steht: Wann hat das alles ein Ende? Wann kehrt wieder Normalität in unseren Alltag ein? Zwei entscheidende Faktoren dabei sind Kooperation und der Wille, zu gestalten.

ES BRAUCHT MEHR ALS DIE IMPFUNG

Zwar eröffnet die Impfung hoffnungsvolle Aussichten auf ein Licht am Ende des Tunnels. Der Weg aus der Pandemie kann aber nicht eindimensional sein und sich allein auf Vakzine stützen. Es braucht holistische Denkansätze, die über bisherige Lösungen hinausgehen. Nur so können wir auf die Komplexität und Volatilität der Pandemie auch effizient und rasch reagieren. In dem Zusammenhang hat sich Kooperation als Schlüsselfaktor erwiesen: Die Zusammenarbeit über Unternehmens- und Branchengrenzen hinweg hat innerhalb kürzester Zeit innovative Lösungen hervorgebracht. Das gemeinsame Vorgehen unterschiedlicher politischer und institutioneller Player hat diese Lösungen rasch für die Bevölkerung zugänglich gemacht. Und die gesellschaftliche Kooperation hat einen wesentlichen Anteil an der Eindämmung des Virus. Bei all dem ist die Basis ein grundlegendes Verständnis der eigenen Verantwortung und des Beitrags, den jede beziehungsweise jeder Einzelne zur Bewältigung der Pandemie leisten kann.

DIE STARTVORTEILE DER EU

In der Forschung ist Kooperation über Disziplinen und Landesgrenzen hinweg dringlicher denn je. In der Europäischen Union haben wir dabei drei große Startvorteile: Erstens verfügen wir über eine Fülle an digitalen Gesundheitsdaten in höchster Qualität. Zweitens können wir diese Daten dank Digitalisierung und künstlicher Intelligenz sehr rasch analysieren. Und drittens unterliegen die Speicherung und Verarbeitung dieser Daten einem strengen Datenschutzregime. Diese Potenziale gilt es zu nutzen, indem wir nicht nur Wissen, sondern auch Daten teilen. Die EU hat dazu eine gemeinsame Plattform zum Datenaustausch ins Leben gerufen. Dort können Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Erkenntnisse zu Covid-19 zentral speichern, abrufen und nutzen. Diese Bemühungen müssen vorangetrieben werden, um das Virus und seine Mutationen schneller und besser zu verstehen und im Wettlauf gegen die Zeit zu gewinnen.

ÖSTERREICH PUNKTET MIT SICHERER INFRASTRUKTUR

Selbstverständlich bedarf es für den Datenaustausch einer sicheren Infrastruktur. In Österreich ist diese durch die elektronische Gesundheitsakte (Elga) bereits vorhanden. Auch die Europäische Union arbeitet an der Schaffung eines europäischen Gesundheitsdatenraums, um den direkten Zugriff von Ärztinnen und Ärzten sowie Forscherinnen und Forschern auf medizinische Daten unter Wahrung des europäischen Datenschutzes länderübergreifend sicherzustellen. In dem Zusammenhang müssen Hindernisse, die einem freien Datenaustausch entgegenstehen – sowohl rechtlicher als auch mentaler Natur – endlich beseitigt werden. Das Argument des Datenschutzes kann schon lange nicht mehr ins Treffen geführt werden, weil es mittlerweile technisch möglich ist, Daten ohne Verletzung der Persönlichkeitsrechte auszutauschen. Dabei hat die Pandemie viele Vorurteile aus dem Weg geräumt und den enormen Mehrwert, den das Teilen von Daten mit sich bringt, aufgezeigt: bei der Impfstoff- und Arzneimittelentwicklung, der Gesundheitsversorgung sowie bei der Kontrolle der Pandemie.

HANDELN STATT ABWARTEN

Der zweite entscheidende Aspekt, um uns aus der momentanen Krisensituation hinauszumanövrieren, ist der Wille, zu gestalten. Es geht darum, Verantwortung zu übernehmen und Entscheidungen zu treffen. Das ist angesichts der vorherrschenden Unsicherheit und Komplexität nicht einfach. Dennoch brauchen wir Politikerinnen und Politiker sowie Unternehmerinnen und Unternehmer, die sich trauen, zu handeln und mögliche Lösungen umzusetzen. Dass sich dabei vielleicht manche Handlungen im Nachhinein als vergeblich herausstellen und einige Entscheidungen möglicherweise zu hohen wirtschaftlichen Kosten revidiert werden müssen, müssen wir für das Überwinden der Coronakrise in Kauf nehmen.

April 2021